zurück zur Suche

Zwangsräume Briesestraße 75

Briesestraße 75

Zwangs
räume

Antisemitische Wohnungspolitik
in Berlin 1939-1945

Die Gedenkkachel, auf der der Grundriss des damaligen Mietshauses abgebildet ist, ist direkt an dem Eingang der Hausnummer 75 der „Kita Mini-Mix-International“ angebracht.

An der Stelle in der Briesestraße 75, wo sich heutzutage ein großer Neubau und darin eine Kita befindet, befand sich damals ein Mietshaus in der ehemaligen Prinz-Handjery-Straße 49. Einige der 25 Wohnungen dieses Hauses wurden zwischen 1939 und 1945 als Zwangswohnraum für mindestens 15 jüdische Untermieter genutzt. Mindestens 12 von ihnen wurden von hier aus deportiert und ermordet. Ungewöhnlich für diesen Zwangsraum ist, dass hier vor 1939 keine jüdischen Personen als Hauptmieter lebten. Es wird ein Zusammenhang mit einigen umliegenden Zwangsarbeitslagern vermutet. In einer der 1-Zimmer-Wohnungen, welche in einem Formular der Bezirksverwaltung als „Judenwohnung 65“ bezeichnet wird, lebten in innerhalb von drei Jahren zwei Ehepaare. Gerhard und Berta Popper, geb. Bernstein, zogen im Juli 1940 ein. Bis zu ihrer Deportation und Ermordung im November 1941 mussten beide Zwangsarbeit leisten. Nach ihnen bezogen im März 1942 das Ehepaar Fritz und Vera Röschen Fürst, geb. Baude, die Wohnung. Fritz ist in der Wohnung verstorben, die Todesursache ist nicht bekannt. Auch Vera leistete bis zu ihrer Deportation und Ermordung im März 1943 Zwangsarbeit.

Die Hausgeschichte zu den einzelnen Wohnungen und deren jüdischen Bewohnern ist online unter https://zwangsraeume.berlin/de/houses/briesestrasse-75 dokumentiert.

Die Gedenkkacheln wurden im Rahmen des Projektes „Zwangsräume. Antisemitische Wohnungspolitik in Berlin 1939–1945“ des Vereins Aktives Museum Faschismus und Widerstand in Berlin e.V. und der Koordinierungsstelle Stolpersteine Berlin angebracht, das durch die Alfred Landecker Foundation unterstützt und gefördert wurde. Die Gestaltung und technische Umsetzung des Projektes lag bei dem Zoff Kollektiv (https://www.zoff-kollektiv.net/).

Als Konsequenz aus dem „Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden“ vom 30. April 1939 musste fast die Hälfte der jüdischen Bevölkerung Berlins ihre Wohnungen verlassen und umziehen. Die Betroffenen wurden, vermittelt durch die „Wohnungsberatungsstelle der Jüdischen Gemeinde Berlin“, zur Untermiete in Wohnungen eingewiesen, in denen bereits andere jüdische Mieterinnen und Mieter lebten. Zumeist waren diese Zwangswohnungen der letzte Wohnort vor deren Deportation und Ermordung.
Historisch interessierte Personen, von denen einige heute selbst in ehemals betroffenen Häusern leben, haben die Geschichte dieser Zwangsräume in Berlin anhand von 32 (von stadtweit insgesamt mindestens 800…) ausgewählten Häusern in einem partizipativen Projekt untersucht. Entstanden ist eine digital konzipierte Online-Ausstellung, die unter https://zwangsraeume.berlin abrufbar ist.

zurück