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Zwangsräume Grellstraße 17

Horst Heinemann, Berlin 8.2.1914 – Tel Aviv 29.4.1993

Grellstraße 17

Zwangs
räume

Antisemitische Wohnungspolitik
in Berlin 1939-1945

Die Gedenkkacheln sind auf der Höhe der Hausnummer 17 direkt an der Hauswand zur Straße angebracht. Auf der oberen Kachel ist der Grundriss des ehemaligen Ringbahnhauses Grellstraße 17 zu erkennen. Die untere Kachel erinnert an den Überlebenden Horst Heinemann.

An der Stelle, wo sich heute die Gebäude der Zoll- und Bundesforstverwaltung befinden, stand bis 1953 einer von den 1920 und 1930 entstandenen gemeinnützigen Wohnblocks. Das Ringbahnhaus Grellstraße 17, mit seinen 30 Mietwohnungen, gehörte der Familie Goldberg, bestehend aus Berl und Malka und ihren drei erwachsenen Kindern. Kurz nachdem sich Malka und Berl Goldberg 1938 suizidierten, beschlagnahmte die Deutsche Arbeiter Front (DAF) ihre Rechnungsbücher und übergab die Hausverwaltung einem nichtjüdischen Verwalter. In mindestens drei dieser Wohnungen, in denen bereits jüdische Hauptmieter lebten, wurden zwischen 1941 und 1943 zusätzlich drei Familien und eine Einzelperson eingewiesen. Insgesamt wurden 15 Jüdinnen und Juden von der Grellstraße 17 deportiert und fast alle von ihnen ermordet. Einer der Überlebenden war Horst Heinemann, welcher 1941 in die Wohnung des Ehepaars Georg und Hedwig Isenthal zwangseingewiesen wurde. Seine Untermiete war jedoch von kurzer Dauer, da Heinemann einen Fluchtversuch in die Schweiz wagte. Unglücklicherweise wurde er in Lörrich inhaftiert. Von dort unternahm er, der Deportationen in das KZ Dachau kurzbevorstehend, einen zweiten Fluchtversuch und entkam.

Die Hausgeschichte zu den einzelnen Wohnungen und deren jüdischen Bewohnern ist online unter https://zwangsraeume.berlin/de/houses/grellstrasse-17 dokumentiert.

Die Gedenkkacheln wurden im Rahmen des Projektes „Zwangsräume. Antisemitische Wohnungspolitik in Berlin 1939–1945“ des Vereins Aktives Museum Faschismus und Widerstand in Berlin e.V. und der Koordinierungsstelle Stolpersteine Berlin angebracht, das durch die Alfred Landecker Foundation unterstützt und gefördert wurde. Die Gestaltung und technische Umsetzung des Projektes lag bei dem Zoff Kollektiv (https://www.zoff-kollektiv.net/).

Als Konsequenz aus dem „Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden“ vom 30. April 1939 musste fast die Hälfte der jüdischen Bevölkerung Berlins ihre Wohnungen verlassen und umziehen. Die Betroffenen wurden, vermittelt durch die „Wohnungsberatungsstelle der Jüdischen Gemeinde Berlin“, zur Untermiete in Wohnungen eingewiesen, in denen bereits andere jüdische Mieterinnen und Mieter lebten. Zumeist waren diese Zwangswohnungen der letzte Wohnort vor deren Deportation und Ermordung.
Historisch interessierte Personen, von denen einige heute selbst in ehemals betroffenen Häusern leben, haben die Geschichte dieser Zwangsräume in Berlin anhand von 32 (von stadtweit insgesamt mindestens 800…) ausgewählten Häusern in einem partizipativen Projekt untersucht. Entstanden ist eine digital konzipierte Online-Ausstellung, die unter https://zwangsraeume.berlin abrufbar ist.

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