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Zwangsräume Hornstraße 23

Zwangsräume Hornstraße 23

Hornstraße 23

Zwangs
räume

Antisemitische Wohnungspolitik
in Berlin 1939-1945

Die Gedenkkachel, auf der der Grundriss des Hauses abgebildet ist, ist rechts von der Eingangstür der Hornstraße 23 an dem unteren Teil der eckigen Betonsäule angebracht.

Die Hornstraße im damaligen großbürgerlichem Stadtteil von Kreuzberg, die auffällig breit und auch heutzutage wunderschön grün ist, ist ein Erinnerungsort für das Schicksal vieler ehemaliger Bewohner dieser Straße. Neben 10 Stolpersteinen und einer Gedenktafel für die Widerstandskämpferin Ursula Goetze (https://www.gedenktafeln-in-berlin.de/gedenktafeln/detail/ursula-goetze/848), erinnert die Gedenkkachel an die ehemaligen Zwangsräume der Hausnummer 23. In mindesten vier der Wohnungen hier lebten zwischen 1939 und 1943 insgesamt 18 Jüdinnen und Juden. Drei von ihnen überlebten, alle anderen wurden von hier aus deportiert und/oder ermordet. Eine der Hauptmieterin, die schon vor den Zwangseinweisungen hier lebte und zugleich Hauseigentümerin war, war die Witwe Margarete Valeska Mannheim, geb. Lubarsch. In ihre Wohnung im 2. Obergeschoss wurden ab 1939 jüdische Untermieter zwangseingewiesen. Darunter die zwei Hauptmieterinnen der Wohnung des 1. Obergeschosses, die ebenfalls verwitwete Lucie Silbermann, geb. Treumann, mit ihrer Tochter Flora Silbermann. Sie mussten nach dem Tod ihres Ehemannes und Vaters 1940 aus ihrer Wohnung und in die von Margarete ziehen. 1941 zog die Witwe Rosa Maas, geb. Silbermann, ein. Rosa überlebte ihre Deportation, Lucie und Flora konnten untertauchen und so überleben. Ein weiteres Zimmer wurde von Bela Ella Rosenberg, geb. Einnehmer, und ihrer Tochter Bela bezogen. Beide Frauen wurden deportiert und ermordet. Die Eigentümerin Margarete suizidierte sich am 2. September 1942, nachdem ihr Haus wenige Monate zuvor zugunsten des Deutschen Reichs einbezogen wurde.

Die Hausgeschichte zu den einzelnen Wohnungen und deren jüdischen Bewohnern ist online unter https://zwangsraeume.berlin/de/houses/hornstrasse-23 dokumentiert.

Die Gedenkkacheln wurden im Rahmen des Projektes „Zwangsräume. Antisemitische Wohnungspolitik in Berlin 1939–1945“ des Vereins Aktives Museum Faschismus und Widerstand in Berlin e.V. und der Koordinierungsstelle Stolpersteine Berlin angebracht, das durch die Alfred Landecker Foundation unterstützt und gefördert wurde. Die Gestaltung und technische Umsetzung des Projektes lag bei dem Zoff Kollektiv (https://www.zoff-kollektiv.net/).

Als Konsequenz aus dem „Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden“ vom 30. April 1939 musste fast die Hälfte der jüdischen Bevölkerung Berlins ihre Wohnungen verlassen und umziehen. Die Betroffenen wurden, vermittelt durch die „Wohnungsberatungsstelle der Jüdischen Gemeinde Berlin“, zur Untermiete in Wohnungen eingewiesen, in denen bereits andere jüdische Mieterinnen und Mieter lebten. Zumeist waren diese Zwangswohnungen der letzte Wohnort vor deren Deportation und Ermordung.
Historisch interessierte Personen, von denen einige heute selbst in ehemals betroffenen Häusern leben, haben die Geschichte dieser Zwangsräume in Berlin anhand von 32 (von stadtweit insgesamt mindestens 800…) ausgewählten Häusern in einem partizipativen Projekt untersucht. Entstanden ist eine digital konzipierte Online-Ausstellung, die unter https://zwangsraeume.berlin abrufbar ist.

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